Segeltörn zur Heringsinsel Klädesholmen
Segeltörn zur Heringsinsel Klädesholmen

Segeltörn zur Heringsinsel Klädesholmen

Jonathan kam zwar erst am Samstag von einer Geschäftsreise zurück, dennoch sind wir noch am selben Tag zum Boot gefahren, segelten eine kleine Feierabendrunde und haben, nach Pasta und Ankerbier, unsere erste Nacht im Boot verbracht. Diese war echt gewöhnungsbedürftig, um ehrlich zu sein: Es gibt neue, ungewohnte Geräusche, wie das Gluckern der Wellen gegen das Boot – da helfen nicht mal Ohropax. Das Sonnenlicht schien viel zu früh durch’s Fenster und für zwei lange Personen wie wir es sind, ist die Bugkabine einfach zu klein. Dementsprechend war am nächsten Morgen meine Laune erst etwas gedrückt. Übernachten auf dem eigenen Segelboot habe ich mir romatischer vorgestellt. Aber nach einem guten Frühstück und bei tollen Segelbedingungen hatte ich schnell wieder ein Lächeln im Gesicht. Nun brachen wir auf und segelten Richtung Norden. Wir hatten herrliches Sonnenwetter und genossen den warmen Wind, der konstant in unsere Segel wehte.

Dass wir kurz vor dem Ziel den Schutz der vielen Inseln verlassen mussten und im Westen das offene Meer vor uns hatten, spürten wir deutlich: Die Wellen wurden höher als gewohnt und der Wind blies stärker in die Segel. Mir wurde es etwas mulmig zumute: Ist unser kleines Boot für solche Wellen und solchen Wind gebaut? Die Marina kam allerdings immer näher, der Wind lies nach und es beruhigte sich alles wieder.

Doch bevor das Schiff sicher im Hafen liegt und wir unser wohlverdientes Anlegebier genießen können, kam nochmal eine gewisse Spannung auf. Jedes Mal, wenn wir einen Gästehafen zum erstem Mal befahren, kommen viele Fragen und Gedanken auf: Gibt es noch freie Plätze? Wo liegen diese? Wie präzise müssen wir zum Anlegen manövrieren? Von wo kommt der Wind? Sind noch andere Yachten zum gleichen Zeitpunkt wie wir im Hafen unterwegs? Wenn ja, bloß keine übersehen und nicht zu nahe ran an die teure 15 m Yacht des Nachbarn. Bis jetzt ging aber immer alles gut, so auch diesmal in der Marina Mossholmen.

Von der Marina führt eine Brücke nach Klädesholmen, eine kleine Insel und gleichnamiges Dorf, welches bekannt ist für seinen eingelegten Hering, der traditionell an Feststagen wie Ostern, Midsommar oder Weihnachten mit Kartoffeln und saurer Sahne serviert wird. Zu unserer Überraschung kamen wir genau zur richtigen Zeit nach Klädesholmen. Es ist der 5. Juni, einen Tag vor dem Nationalfeiertag und damit kommen wir rechtzeitig zum Tag des Herings (Sillens Dag), der hier jedes Jahr am schwedischen Nationalfeiertag – dem 06. Juni – gefeiert wird.

Nachdem wir uns mit einem Spaziergang über die Insel die Beine vertreten haben, machten wir es uns auf dem Boot gemütlich und genossen vor dem Festtag die Abendstimmung. Ich liebe diese Atmosphäre im Hafen: Das rege Treiben ist vorbei und das Abendrot zeichnet sich am Himmel ab. Die Crews machen es sich auf ihren Yachten mit ein paar Drinks gemütlich. Man hört das Gemurmel der Gespräche und hier und da Gelächter bis es dann immer ruhiger in der Marina wird und die Nacht anbricht.

Nach einem guten Frühstück am nächsten Morgen ging es dann auf zum Fest des Herings zu Fuß über die Brücke nach Klädesholmen. Es wurde gesungen und getanzt, über die lange Historie der Fischindustrie auf der Insel gesprochen und der Hering des Jahres gekürt. Natürlich gibt es auch Hering zu essen und in der Fabrik konnte man sogar selber Hering nach eigenem Geschmack einlegen. Das mussten wir natürlich ausprobieren. An der großen Gewürztheke ging es los: Ein bisschen hier von, etwas davon, ein paar Zwiebeln…ob die Karotten-, Dill-, Johannisbeer-,…-Mischung überhaupt schmeckt? Upsi, das war glaub ich zuviel Chili. Wie intensiv wirken die Gewürze überhaupt? Naja, egal. Jetzt ist es zu spät. Der Fisch ist schon im Glas. An Midsommar werden wir es dann herausfinden. Zwei bis drei Wochen muss der Fisch nämlich in den Gewürzen ziehen bevor man ihn hoffentlich! genießen darf.

Nach den Feierlichkeiten ist vor der Heimfahrt. Ein kurzer Wind- und Wettercheck auf entsprechenden Apps und schon segelten wir wieder zurück Richtung Heimathafen. Dort, wo wir auf der Hinfahrt hohe Wellen hatten, war nun kaum Wind. Jonathan überlegte sogar schon kurz baden zu gehen und neben dem Boot herzuschwimmen 😀 Doch plötzlich, in dieser Ruhe, sahen wir zwei Rückenflossen von Schweinswalen immer wieder auftauchen. Was für ein wundervoller Moment! Und als wäre das nicht genug, sahen wir einige Zeit später sehr viele Robben verteilt auf kleineren Inseln:

Wir beide genießen die Zeiten auf dem Boot sehr und lernen bei jedem Törn etwas Neues. Jonathan ist ein toller Skipper, dem ich immer mehr Vertrauen kann. Mein Problem ist eher noch, das Boot richtig einzuschätzen und zu wissen, was wir ihr zumuten können und wo ihre Grenzen sind. Wir sind aber auf einem guten Weg dahin 🙂

Meinen neuen Eintrag im Tagebuch findest du hier.

– „Besser Wasser unterm Kiel als Kiel unter Wasser!“ –